UX & Webdesign

3 K im UI Design – Konstanz, Konsistenz, Kreativität

Wir brauchen ein neues, frisches Design!

Wer kennt das nicht? Viele von uns sind sehr wahrscheinlich schon mit einer solchen Aussage konfrontiert worden.

Gleich immer alles neu zu machen, ist selten die beste Lösung. Im Extremfall kann der Schuss auch gewaltig nach hinten losgehen. Ein neues (Web-) Design kann zwar ansprechend und gut bedienbar sein, die Besucher/Nutzer aber erst mal verwirren.

Wo ist mein Login hin?

Ein radikales Re-Design ist selten die beste Lösung

Jakob Nielsen hat dazu einen Artikel geschrieben. Er ist wie immer auch etwas radikal in seinen Ansichten. Im Kern aber steckt viel wahres in seinen Ausführungen.

Fresh vs. Familiar: How Aggressively to Redesign?

Er argumentiert zunächst gegen voreilige und umfassende Re-Designs. Aber auch er sieht die Notwendigkeit größerer Würfe. Denn auf die Dauer kann zu viel Kleinklein auch Probleme mit sich bringen.

Das Gewohnheitstier

Nehmen wir das Beispiel Freemailanbieter. Sehr viele Nutzer rufen ihre Mails nicht über eigene lokale Mailclients ab. Sie besuchen jedes Mal die Website des Anbieters und loggen sich über die Website in ihren Mailaccount ein. Befindet sich der Login nicht an gewohnter Stelle, sind die Nutzer erst mal verwirrt. Die Folge kann dann auch Verärgerung über die Veränderung sein.

Nutzern ist das Design (fast) egal

Innerhalb eines gewissen ästhetischen Rahmens, spielen für die Nutzer Designdetails nur eine untergeordnete Rolle. Sie analysieren ein Webdesign nicht. Der erwähnte Rahmen lässt sich natürlich nicht abschließend definieren. Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Ansprüche – oft unterbewusst – je nach Thema ändern.

So z.B. sind Designfeatures und -details bei Nachrichtenseiten, bei denen es in erster Linie um reine Information geht, eher zu vernachlässigen. Wohingegen Websites von Automobilherstellern, wohl höhere Ansprüche erfüllen müssen. Hier geht es z.B. auch um Emotionen. Design kann diese wecken – auch negativ.

In beiden Fällen ist es so, dass einem die Besucher/Nutzer die radikale Neugestaltung nicht immer nur danken werden. Auch wenn es auf den ersten Blick schön aussieht.

Wann ist ein Re-Design angebracht?

Nielsen führt zwei Fälle an, die seiner Ansicht nach ein Re-Design rechtfertigen.

  1. Eine (noch) kleine Nutzerbasis. Wenn man sich dann von einem ganzheitlichen Re-Design eine deutliche Verbesserung erhofft, um dadurch auch die Nutzerbasis zu erhöhen, dann sei ein Re-Design der u.U. richtige Schritt.
  2. Ein festgefahrenes Design. Das kann aus vielen kleinen Erweiterungen und Änderungen über Jahre hinweg resultieren. Irgendwann kommt man dann nicht mehr weiter und es ist Zeit für einen Neuanfang.

Bei Punkt 2 sollte man aber eines nicht vergessen. Die Besucher/Nutzer mit einzubeziehen. D.h. sie über die anstehende Veränderung zu informieren. Am besten zum Anfang der Neuentwicklung ihr Feedback einholen und zum Neustart Orientierungshilfe anbieten und die Änderungen erläutern.

Nielsen rät abschließend:

So, unless your existing design is an overgrown mess of bolted-on features that needs a new architecture, it’s best to stay with the familiar design that users prefer and avoid the temptation to go with a novel design that only you’ll appreciate.

Ergänzend sollte hinzugefügt werden, dass die Optik irgendwann mal einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Das kann manchmal sogar der einzige Grund für einen radikalen Schnitt sein. Nielsens Artikel motivieren nicht unbedingt immer zu Innovation und Kreativität 😉 Das nur mal am Rande angemerkt.

Kaizen – Kleine Schritte sind meist die bessere Lösung

Bevor man sich voreilig für ein umfassendes Re-Design entscheidet, sollte man immer erst innehalten und analysieren. Design erfüllt in den meisten Fällen keinen Selbstzweck. Man sollte sich vor einem Re-Design v.a. immer eines fragen: Was will ich verbessern?

Bekannte und (design-) strategisch erfolgreiche Unternehmen zeichen sich auf UI-Ebene dadurch aus, dass sie ihre Interfaces behutsam weiterentwickelt und verbessert haben. Teilweise über große Zeiträume hinweg und oft so dezent, dass der Unterschied zwischen zwei aufeinanderfolgenden Iterationen nicht unbedingt offensichtlich war.

Irgendwann dann kommt aber doch die Zeit für ein komplettes Re-Design. Aber in der Regel nicht alle 1-2 Jahre. Meistens sogar erst dann, wenn z.B. ein kompletter Markenauftritt eines Unternehmens überarbeitet wurde. Oder aber auch dann, wenn eine Website oder -anwendung soviele Nutzungs- und Akzeptanzprobleme aufweist, dass kleinere Anpassungen das Ganze nur noch verschlimmbessern würden.

Die 3 K im UI Design

  • Konstanz: Wer ständig seinen Stil wechselt, kann nicht erwarten, Konstanz und Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Jedes Jahr den Anstrich zu ändern ist daher nicht ratsam.
  • Konsistenz: Navigationselemente und Funktionen sollten möglichst konsistent verwendet werden. Auch über verschiedene Iterationen hinweg. Das vermeidet negative Überraschungen für die Besucher/Nutzer.
  • Kreativität: Natürlich sind auch attraktive und innovative Designansätzen gemeint. Oft aber eben nur auf Detailebene. Außerdem ist Kreativität auch bei der Suche nach Lösungsansätzen für bestimmte Designprobleme gefragt. Wobei es dabei eher untergeordnet um Farben und Formen geht.

Great Designers Re-Align (meistens)

Good Designers Redesign, Great Designers Realign

Ein Leitsatz der sich in den letzten Jahren weiter etabliert hat. In seiner umfassenden Argumentation bei A List apart nachzulesen.

Die Langeweile am eigenen Design ist jedenfalls selten das beste Argument für ein radikales Re-Design.