Das könnte vielleicht auch eine neue Serie werden. Buzz-Wörter zu entmystifizieren und/oder – soweit möglich – konkrete Definitionsansätze liefern. Das aktuelle Beispiel ist der Begriff Sociability, der mir kürzlich erstmals begegnete. Den es aber schon länger gibt.
Darauf aufmerksam wurde ich durch den bei Mashable erschienenen Beitrag Introducing Sociability. Was bedeutet Sociability? Gibt es sowas wie Usability für soziale Netzwerke? Ich meine nein.
Definition Sociability
Ich beginne, wie sich das gehört, erst mal mit der Begriffsdefinition.
The skill, tendency or property of being sociable or social, of interacting well with others.Wikipedia
Sociability Design stellt eine Erweiterung des Begriffs dar.
Im Grunde geht es hier um Regeln, Reputationssysteme, Moderationsmechanismen usw., die z.B. dem “Dilemma of the commons” entgegenwirken sollen.Sociability Design: Spieltheorie
Hier sind v.a. Anreizmechanismen und -systeme gemeint, die Nutzer dazu motivieren sollen, sich aktiv in ein Netzwerk einzubringen. Erst dadurch werden soziale Netzwerke ermöglicht. Agiert und teilt niemand, dann gibt es auch kein soziales Netzwerk.
Usability für das Social Web?
Warum sollten soziale Netzwerke besondere Ansprüche an die Usability stellen? Zunächst sprechen wir von webbasierten Nutzeroberflächen, von Websites und -anwendungen. Nichts neues also. Auch Zielgruppen, Personas, Anforderungsanalysen etc. sind nichts neues. Auch nicht im Social Web.
Interaction between users is what distinguishes social media from other media in which interactions occur between users and the screen.
Es geht verstärkt um die Interaktion zwischen den Menschen auf entsprechenden Plattformen. Außerdem die Art von Information und deren (Weiter-) Verteilung und Verbreitung durch die Nutzer.
Aber am Anfang steht eben die „langweilige“ Usability. Denn bevor die Nutzer über Netze miteinander kommunizieren und interagieren (können), steht doch die Interaktion mit dem Userinterface bzw. der Maschine. Unsere Methoden und Tools bleiben die gleichen. Man muss sich weiter an den Anforderungen und Wünschen der Nutzer orientieren. Dann erst erfolgt die Interaktion zwischen Menschen – über ihre virtuellen Schnittstellen.
Usability für Websites vs. Soziale Netzwerke
Dazu gab’s vor einiger Zeit schon mal einen Artikel. Wobei man feststellen muss, Usability bleibt Usability.
Trotzdem gilt es Unterschiede zu beachten. Es sind u.U. neue Besonderheiten zu beachten. Die in der Breite noch relativ neuen sozialen Netzwerke und ihre Nutzer stellen neue Anforderungen an uns. Applications of usability principles on a social network beschreibt das ganz gut.
Das gerechtfertigt imho trotzdem noch nicht unbedingt die Schaffung eines neuen Begriffs.
Was also ist Sociability?
Sie ermöglicht das Funktionieren sozialer Netze. Das geht auf den o.g. Gedanken der Anreizsysteme und -methoden zurück. Es ist keine Mischung aus Social und Usability bzw. Usability speziell für soziale Netzwerke im Internet. Der Begriff ist nicht geeignet, dem ein oder anderen Usability schmackhafter zu machen. Sociability und Usability existieren nebeneinander und miteinander.
Eine Grafik, die ich bei der Recherche gefunden habe fasst vier Aspekte von Sociability zusammen:
- Awareness
- Connectedness
- Engagement
- Solidarity
(aus The Sociability Of Social Media)
Usability beeinflusst v.a. Awareness und Connectedness. Dann wenn die Maschine bzw. die Interfaces gut nutzbar konzipiert und gestaltet sind, können die Nutzer gegenseitig ungehindert gewahr werden (aware) und sich aktiv vernetzen (connect).
Sociability als „Fachbegriff“ existiert in unserem Bereich – Webdesign und -entwicklung – nicht.
Anne-Kathrin sagt:
Den Ansatz, die ein oder andere Begrifflichkeit genau unter die Lupe zu nehmen, finde ich prima 😉 Es schwirrt da schon einiges Verwirrende herum.
Eine Frage bleibt hinsichtlich der Sociability, nämlich die nach dem Websitebetreiber.
So wie du es beschreibst, handelt es sich um besondere Eigenschaften einer Website, User zusammenzubringen. Tolle Sache, keine Frage.
Nun ist aber ja das berechtigte Interesse eines Website Betreibers auch, mit seinen Kunden(!) in Kontakt zu treten, was dann hieße, gestalterisch und inhaltlich so tätig zu werden, dass User vermehrt dazu animiert werden, soziale Netzwerke zu nutzen, um dann auch (denken wir mal Richtung Marketing) in dieser Form mit dem Anbieter selbst in Kontakt zu treten oder aber soziale Netzwerke zu nutzen, um eigene Produkte sogar zu promoten.
Einfaches Beispiel wäre also: wie bringe ich die Besucher meiner Website dazu, mir auf Twitter zu folgen?
Eine Weiterführung von Sociability oder besser ein Nebeneffekt ist also wie immer die Frage nach dem Marketing.
Passt das dann noch alles zusammen? Ist es dann – provokant gefragt- noch social?
Wie siehst du das?
Viele Grüße
Anne-Kathrin
1. Oktober 2009 — 20:38
Björn sagt:
@Anne-Kathrin: Das sind auch interessante Fragestellungen die Du hier aufwirfst. Wobei ich in die Richtung gar nicht gehen wollte.
Es soll aufzeigen, dass man Sociability und Usability nicht vermengen sollte, wodurch in unserer Branche ein neues Buzzwort entsteht. Das passiert nämlich durch Artikel wie dem von Mashable.
Allerdings existiert Sociability als Begriff, unabhängig davon, schon länger, meint das aber v.a. unabhängig vom Internet.
Und was das Marketing betrifft. Schwer zu sagen. Ich habe den Eindruck, dass man derzeit oft und voreilig versucht, Dinge aus der Offlinewelt bzw. dem klassischen Marketing, auf webbasierte Konzepte zu übertragen. Was dann ganz oft in die Hose geht.
1. Oktober 2009 — 20:56