Frank-Walter Steinmeier legt vor – zumindest online. Grundlegend neues bietet die Website optisch allerdings nicht. Sie folgt der, bereits seit dem SPD-Relaunch bekannten, neuen Online-CI der Partei.
Ausgestellt wurde das Teil u.a. bei CSS-Mania.
Grundsätzlich finde ich es gut, dass man sich vom altbackenen Stil der 90er verabschiedet hat. Was das betrifft, besteht bei Frau Merkel noch Nachholbedarf.
Man darf aber davon ausgehen, dass sich auch hier noch was ändern wird. Denn auch bei der Konkurrentin hat die Website der Partei vorgelegt. Hoffentlich, denn einige Elemente der Partei-Website werden bei ihr schon genutzt. So z.B. die Teaserboxen im unteren Bereich. Tut sich da allerdings weiter nichts, sehe ich FW vorne. Zumindest in Sachen Website 😉
Zurück zur neuen Website des Spitzenkandidaten der SPD. Ein paar Aspekte und Details des neuen Auftritts sollten nicht unerwähnt bleiben.
Flexibel und skalierbar
FW gibt sich flexibel und skalierbar. Das Portrait des Politikers, das per Hintergrundgrafik eingebunden wird, skaliert mit. Je nach vertikaler Größe des Viewports, verändert es seine Größe. Bis hin zu maximal 600×800 Pixel.
Das kommt dem optischen Gleichgewicht des Layout zu Gute. Hätte das Bild immer die gleiche Größe, würde mit zunehmender Breite des Browserfensters schnell der Abstand von Portrait zu den Inhalten rechts davon, immer größer werden. So entsteht normalerweise eine unschöne Lücke, die das Gesamtbild etwas stört.
Mit der beschriebenen Methode, lässt sich dieser negative Effekt bis zu einem gewissen Grad unterbinden. Aber auch nicht ganz vermeiden. Alles in allem aber ein guter Kompromiss.
Fallback nicht zu Ende gedacht
Es wird darauf geachtet, dass auch bei deaktiviertem Javascript, die Website bedienbar bleibt. Das ist gerade bei dieser Website von besonderer Bedeutung, da das Ausklappen der Hauptnavigation mit Hilfe von Javascript realisiert ist. Deaktiviert man Javascript, wird die Navigation in ausgeklapptem Zustand geladen, alle Links sind sicht- und bedienbar.
Trotzdem findet sich hier ein kleiner Schönheitsfehler, wie auf dem Screenshot zu sehen ist.
Das Politikerportrait, das im Gesamtkonzept (nicht zu übersehen) eine zentrale Rolle spielt, wird verdeckt.
Irgendwie scheint das Javascript allgemein auch ein paar Probleme zu bereiten. So lassen sich z.B. keine Texte markieren und kopieren, bzw. erfolgt schon keine Reaktion auf einen Rechtsklick.
Wo ist die Navigation?
Die Tatsache, dass eine Hauptnavigation ausklappbar ist, stört mich schon. Ich finde, eine Hauptnavigation oder zumindest die Links der ersten Ebene, sollten immer sichtbar sein. Es ist schon etwas hinderlich, wenn man beim Navigieren immer wieder die Liste der Navigationslinks ausfahren muss. Ganz besonders dann, wenn man wie in diesem Fall, sogar noch extra klicken muss, damit die Navigation ausfährt.
So ist auch die Startseite nicht ohne Weiteres erreichbar. Auch wenn sie zusätzlich über den Claim links unten verlinkt ist.
Ähnlich einem verlinkten Logo, was vielen Nutzern bereits als ein gängiges Konzept bekannt ist. Allerdings wohl eher dann, wenn der Link links oben platziert ist. Es ist davon auszugehen, dass dieser Link zur Startseite von vielen Besuchern gar nicht wahrgenommen wird.
Laaaadezeiten
Beim Laden der Startseite kommen laut Firebug 547kb (aus 47 http-Anfragen) zusammen. Das ist etwas zu viel und macht auch noch bei einer 6000er DSL-Leitung einen etwas hakeligen Eindruck.
Die Ursache dafür liegt u.a. in den vielen Grafiken. Für Überschriften, die gleichzeitig auch als Links dienen, werden Grafiken verwendet. Hier werden zwar brav Alt-Attribute genutzt, allerdings ist fraglich, warum man hier nicht mit Text gearbeitet hat. Für einen so einfachen Hover-Effekt (Ändern der Textfarbe), hat das doch etwas von „mit Kanonen auf Spatzen schießen“.
Schöne, gute Website
HTML- und CSS-Code sind laut Validator sauber. Ob die Struktur darüber hinaus sinnvoll ist, habe ich mir soweit noch nicht angesehen.
Die angesprochenen Kritikpunkte fallen aus meiner Sicht weniger ins Gewicht, dürfen aber trotzdem überdacht werden. Und die Optik selbst ist der subjektivste Teil der Betrachtungen. Deswegen ganz kurz: Mir gefällt’s, feines Webdesign.
Endlich mehr Profil
Ob und wie weit das Ganze durch Obamas Online-Auftritte inspiriert ist, sei dahingestellt. In meinen Augen folgen viele eben nur einem neuen Trend. Oder sie trauen sich endlich, zeitgemäßer zu werden und auch den Online-Auftritten mehr persönliches Profil zu verleihen. Nur weil’s moderner ist, (im Falle der SPD) vieles blau ist und man – z.T. übertrieben – auf Sociamedia setzt, muss man es nicht gleich mit billigen Kopien vom großen, internationalen Vorbild zu tun haben.
Der Mut zu mehr Profil ist zumindest erfrischend und bietet natürlich auch mehr Angriffsfläche. Das ist mir allemal lieber, als die bisherigen Online-Auftritte der Parteien im Allgemeinen. Da konnte man bisher keine Fehler machen. Alle waren durch die Bank trist, langweilig und damit auch profillos. Insofern sind wir doch einfach froh, dass man sich einfach mal was vom guten Vorbild abgeschnitten hat.
Beim Thema Profil stellt sich mir allerdings noch eine inhaltliche Frage: Haben Politiker vor lauter Twitter, Facebook, studiVZ etc. überhaupt noch Zeit für Wahlkampf?
Anne-Kathrin sagt:
Ohne hier politisch inhaltlich ins Detail gehen zu wollen, scheint es schwierig:
Erfrischend die Optik, mal was anderes mag man meinen, vielleicht (mutmaße ich mal) will man damit Jugendlichkeit ausstrahlen der/und Jugendlichkeit angesprechen. Hat schon was.
Für mich wirken neues Look and Feel und Textstil an manchen Stellen allerdings nicht 100% homogen. Aber das ist ein sehr, sehr persönlicher Eindruck.
Trotz allem find ich es den richtigen Weg. Die Icons allerdings, die sind mir etwas „too much“.
Gibt es eigentlich Studien oder Prognosen, wie weit hierzulande der Webauftritt wie auch Social Media mit den Wahlkampf bestimmen werden (im Vergleich zu USA)?
2. Mai 2009 — 17:09
Björn sagt:
@Anne-Kathrin: Handfeste Studien wahrscheinlich noch nicht. Noch zu neu das Ganze. Aber ich denke, dass sich ein gewisser Einfluss nicht von der Hand weisen lässt. Inwieweit sowas dann Auswirkungen auf einen Wahlausgang haben kann, dürfte noch niemand beantworten können.
2. Mai 2009 — 17:15
Peter sagt:
Schöne Analyse. Die Seite sieht in der Tat nicht so schlecht aus, allerdings würde ich auch Anne-Kathrins „nicht homogen“ d‘accord gehen. Dieses schönes Kästchen-Prinzip der Startseite findet man in den Unterseiten kaum wieder – wenn man sich da den Frank-Walter links wegdenkt sieht das schon wieder arg konventionell aus. „Mein Weg“ ist gar eine komplette Flashseite und je mehr ich da stöbere um so mehr kleine inkonstistente Details fallen auf.
Und die Navigation geht gar nicht.
Ich würde also sagen, nett, leidet aber ein wenig an einem Mangel an Konsequenz.
2. Mai 2009 — 17:34
Björn sagt:
Gefällt mir 🙂 und passt.
Aber mal ehrlich. Wär’s so langweilig wie frühere Politikerwebsites, wär’s uns gar nicht aufgefallen 😉
2. Mai 2009 — 18:06
UschaSu sagt:
Was den Vergleich Steinmeier/Merkel angeht, möchte ich heftig widersprechen. Ich empfinde den Auftritt der Kanzlerin keineswegs als 90-er Jahre altbacken, ganz im Gegenteil. Die Struktur ist sehr übersichtlich, die Aussagen reihen sich zum Teil im Blogstil aneinander. Der Header wird durchgehend von einem Bild in ganzer Breite bestimmt, was auf mich sehr modern und frisch wirkt. Dieser Eindruck wird von den differenzierten, hellen Grautönen noch unterstützt. Insgesamt wirkt das Ganze no-nonsense, klar strukturiert, konsistent und mit vielen ungekünstelten und dennoch attraktiven Bildern aus dem politischen Alltag angereichert. Die Buttons oberhalb des Headerbildes sind ebenfalls modern und schlicht. Das Einzige, was für mich – ironischerweise – negativ, da unpassend, aus dem Rahmen fällt, sind die Anleihen an den CDU-Auftritt im Footer.
Am Auftritt von Frank Walter Steinmeier überzeugt mich optisch vor allem das fixierte Bild. Das ist schick, wird aber leider vom allzu verkastelten Textteil etwas erschlagen. Auch in sich wirkt der Inhaltsteil, zumal über mehrere Seiten hinweg, in all seinen unterschiedlichen Facetten zu unruhig und inhomogen. Dies liegt vor allem an den verschiedenen Schriftgrößen, Schriftfarben und farbigen Hintergründen. Da wurde Magazinstil angestrebt, einschließlich der Boxen auf der Startseite, eine schlichtere und vor allem homogenere Gestaltung mit noch leichteren oder gar keinen Rahmen wäre hier jedoch passender gewesen. Ja, ich weiß, Magazinstil und Teaserboxen liegen im Trend, aber gerade das verführt, sie auch da zu einzusetzen, wo sie eher für Unruhe als für Übersicht sorgen.
Die Navigation wirkt wie übrig geblieben und mit der Notlösung ausklappbar/Javascript ins linke, obere Eck abgeschoben. Genauso inkonsistent wie der unmotivierte Flashteil. In sich ja ganz attraktiv, macht er im Gesamtgefüge vor allem den Eindruck, man wolle zeigen, dass man auch Flash kann. Auch da wäre weniger mehr gewesen. Übrigens bauen sich die Übergänge zwischen den Bildern bei mir sehr hakelig auf.
Ärgerlich finde ich die langen Ladezeiten, ganz besonders da der Kanzlerkandidat sich ja an alle richtet, und von denen surfen immer noch viele nicht mit Highspeed. Das größen-veränderliche Hintergrundbild (Flash, allein schon 177 kb) ist zwar ein schönes Feature, aber ob das die Usability-Nachteile aufwiegt? In diesem speziellen Fall eher nicht.
Nur damit nach all der Kritik kein falscher Eindruck aufkommt: Die Steinmeier-Seite hat durchaus viele positive Aspekte, keine Frage. Trotzdem, wirklich überzeugen kann sie mich nicht.
2. Mai 2009 — 22:27
Björn sagt:
@UschaSu: Vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und weiteren Gedanken zum Thema!
Das POrtrait spielt wohl eine zentrale Rolle und das Gesamtbild wäre ohne diesen gelungenen Kontrast auch wieder etwas langweiliger.
4. Mai 2009 — 19:31