UX & Webdesign

Hat WordPress ein Gewichtsproblem?

WordPress ist in die Jahre gekommen. Auf viele Blogger und solche, die es werden wollen, wirkt es mittlerweile vielleicht sogar etwas verstaubt. Die kritischen Stimmen mehren sich. So stellte das WordPress-Magazin die Frage nach der Zukunft von WordPress. In den Kommentaren wurde außerdem ein Verweis auf Gerrits Artikel Warum Textpattern meist besser als WordPress ist gepostet. In beiden Artikeln wird auch auf eine gewisse Behäbigkeit von WordPress eingegangen.

Wordpress Logo auf der WaageVladimir Prelovac bezeichnete es gar als Fettleibigkeit, in seinem Artikel Critique View on the Future of WordPress. Grundsätzlich lässt sich zunächst anmerken, das mehr Features und Plugins natürlich zusätzliche Kalorien bedeuten. Die Frage ist wie man einer steigenden Energiezufuhr entgegenwirkt. Tut man das zu spät, ist Abspecken angesagt.

WordPress started out like Google, but is now becoming more and more like Yahoo. It stopped going “far” and started becoming fat (”wide”). It is becoming slow and clumsy.

Hauptkritikpunkte

Oft bemängelt werden v.a. die Sicherheit und Schwerfälligkeit des Dinos WordPress. Was teilweise vielleicht auch mit der relativ komplizierten, auf PHP basierenden, Templatingsystematik zusammenhängt. Weitere in diesen drei Artikeln angeführte Kritikpunkte:

  • Qualität und Vertrauenswürdigkjeit der Plugins (WordPress Magazin)
  • schwerfälliges Backend mit Auswirkungen auf den Adminworkflow (Prägnanz)
  • umständlicher Templatecode (Prägnanz)
  • Probleme mit dem WYSIWYG-Editor (Prägnanz)
  • steigende Aufwände in der Wartung von Plugins (auch für Blogbetreiber) (Prelovac)
  • versteckter Plugincode und „Nach-Hause-Telefonie“ (Prelovac)
  • zu viele Plugins, die teilweise mehr oder weniger das Gleiche tun

Die Vorteile überwiegen noch?

Zumindest Einsteiger haben es bei WordPress relativ einfach. Die Community um das System, die Auswahl an kostenlosen Templates und die Auswahl an Plugins ist noch ohne Vergleich groß. Wenn man mal Hilfe oder Tipps zu weniger verbreiteten Systemen sucht, braucht man mehr Geduld, oder muss Abstriche machen.

Der Vergleich zu anderen Systemen müsste im Zweifel gezogen werden. Grundsätzlich sollte man abwägen und ggf. mit Hilfe einer ausführlichen Checkliste einen Vergleich anstellen, bevor man sich voreilig entscheidet. Die Entscheidung für ein Blogsystem sollte eine längerfristige Bindungsabsicht berücksichtigen. Muss man nach einem halben Jahr wieder umsteigen, bedeutet das mitunter sehr viel Stress.

Alternativer Ansatz?

Mehr Konzentration auf den Kern und Auslagerung auf Features bzw. Plugins. Dieses Prinzip liegt beispielsweise Typo3 zu Grunde. Der relativ überschaubare Kern lässt hier für die Meisten nicht im Ansatz erahnen, wie mächtig das System sein kann. Ein echtes WCMS eben. Mehrsprachige Unternehmendsportale können so realisiert werden, das System ist sehr flexibel. Mit WordPress & Co ist das nur sehr eingeschränkt bis gar nicht möglich.

In der Tat könnte hierin eine notwendige Diät für WordPress ihren Anfang finden. Das würde imho allerdings eine komplett neue Systemarchitektur voraussetzen. Also ein großer Umbruch.

Hierbei aber wäre dringend auch ein großes Plugin-Ausmisten angesagt. Würde man verstärkt auf eine Erweiterbarkeit der Plugins setzen, würden der Sicherheitsaspekt und die Update-Fähigkeit zur tragenden Wand werden.

Andere Systeme

Der Markt ist sehr unübersichtlich. Neben den sehr populären Vertretern aller Größenklassen wie z.B. WordPress, Movable Type, Textpattern, Drupal und anderen, gesellen sich eine Vielzahl anderer/kleinerer Systeme. Wer nach einem passenden System sucht hat es nicht wirklich leicht.

Begibt man sich im Unternehmensumfeld auf die Suche, kann das schon mal mehrere Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Wobei hier natürlich noch ein paar Abhängigkeiten mehr zu beachten sind. Das ist ein anderes Thema.

Im privaten Bereich oder bei kleineren Projekten liegt es nahe, sehr schnell auf einen großen Zug aufzuspringen. Je verbreiteter die einzelnen Systeme später dann sind, desto lauter wird auch die Kritik daran. Das ist ganz normal. Damit muss man leben oder sich eben irgendwann mal für einen Wechsel entscheiden.

Persönliche Meinung

Für mich persönlich kommt ein Wechsel bei weitem noch nicht in Frage. Ich bin sehr zufrieden mit WordPress und das schon mehr als vier Jahre. Es nerven mich derzeit nur die relativ häufigen Updates etwas und das Version 2.7 schon fast vor der Tür steht. Das geht mir oft etwas zu schnell.

Version 2.7 kommt scheinbar mit tiefgreifenderen Änderungen im Backend. Hier setze ich darauf, dass diese zumindest die Usability des Backend weiter nach vorne bringen und es nicht nur anders machen. Seit 2.5 hat mir das schon besser gefallen. Ein guter Ansatz.

Die Widget-Features habe ich mal ausprobiert, aber schnell wieder verworfen. Mir persönlich zu aufwändig und teilweise auch unflexibel, weswegen ich ausschließlich auf den zusätzlichen Code in Templates setze und damit bisher keine Einschränkungen erfahre.

Zwischendurch konnte ich zusammen mit Manuela Hoffmann auch Erfahrungen mit Movable Type sammeln. Diese waren durchweg positiv, bin aber bei anderen Projekten wieder zurück zu WP.  Allerdings bewegt sich MT noch weiter in die kommerzielle Richtung.

In einem demnächst startenden privaten Projekt, werde ich mich nach über zwei Jahren (damals im Rahmen der Diplomarbeit) mal wieder mit Drupal befassen. Ein guter Freund möchte eine neue Fotocommunity auf Drupal basierend aufbauen. Ich bin schon gespannt auf Drupal und natürlich auch auf das neue Projekt.

WordPress werde ich bis auf weiteres treu bleiben.