UX & Webdesign

Webdesign: Ein komplexer und permanenter Prozess

WebdesignkopfDamit ist nicht nur der kreative Prozess, Webdesign im engeren Sinn, gemeint. Webdesign ist ein ganzheitlicher Prozess. Kein enges Korsett, aber in gewissen Bahnen geregelt. Auch je nach Umfang des einzelnen Projekts und abhängig von Team- oder Unternehmensstrukturen.

Man hat nicht nur eine Idee, denkt sich was schönes aus, hostet eine Website, die dann das WWW erobert. Das bezeichnet man als in Schönheit sterben.

Die Zeichnung stammt vom Artikel Web design process in 5 steps und illustriert, dass wir ein paar mehr Dinge berücksichtigen müssen.

Dieser Artikel soll zunächst aufzeigen, auf welchen Feldern wir Webdesigner uns bewegen, womit wir uns zum großen Teil auskennen müssen und welche vielfältigen Aspekte zu berücksichtigen sind. Er ist kein Tutorial, dass eine konkrete Anleitung oder Handlungsempfehlung ausgibt.

Vorgliederung des Webdesignprozesses

Der Webdesignprozess lässt sich zunächst ganz grob in vier Abschnitte aufteilen.

  • Planung
  • Design
  • Realisierung
  • Management

Oder etwas granularer in:

  • Projektplanung
  • Analyse & Inspiration
  • Informationsarchitektur
  • Webdesign & Usability
  • SEO & Onlinemarketing
  • Qualitätssicherung
  • Betrieb & Management

Das sollte zunächst ausreichen. Im konkreten Projekt ist das wahrscheinlich noch etwas feingliedriger.

Dabei sind Webdesign und Usability, also der eher kreative Part des Prozesses, oft nur ein relativ kleiner Teil des Gesamten. Aber natürlich wiederum der zentrale Part, weil vorgelagerte Arbeiten schon in die Richtung des kreativen Teils denken. Davon abgesehen macht Webdesign im engeren Sinne alles sichtbar, was man sich zuvor ausgedacht hat.

Abschnitte im Webdesignprozess

Menschen tendieren oft dazu, die Projektplanung als unnötiges Beiwerk oder Meetingbeschaffungsmaßnahme zu verstehen. Das Gegenteil sollte der Fall sein. Der Einzelne, im Projekt beteiligte, wird im Idealfall kaum dadurch belästigt. Ein gewisses Maß an Planung und Kommunikation ist aber ein wesentliches Erfolgskriterium.

Das trifft natürlich nicht auf die kleine Vereinswebsite zu, die oft von einem Einzelnen realisiert wird. Das mache ich nebenberuflich auch und ich verwalte mich dann auch nicht über. Aber im Falle einer Unternehmenswebsite, wird das Ganze schnell etwas komplexer.

Die Leitung von Webdesignprojekten, an denen 15 oder mehr Leute arbeiten (intern und extern) und mit Budgets im sechsstelligen Bereich, hat ohne entsprechendes Projektmanagement keine Chance.

Analyse & Inspiration

Handelt es sich um ein Re-Design-Projekt, gehört die Statusanalyse ganz klar dazu. Es geht nicht nur darum, alles neu und anders zu machen. Evtl. hat man bisher das ein oder andere schon ganz gut gemacht und sollte das weiter verfolgen. Außerdem lässt es sich aus begangenen Fehlern immer gut lernen. Zwei meiner Beiträge zu diesem Thema:

Die Analyse von Markt und Wettbewerb darf auch nicht fehlen. Wie werden in der gleichen oder verwandten Branchen Websites gemacht, was macht die Konkurrenz? Darüber hinaus sollte man sich über zwischenzeitliche Innovationen auf dem Laufenden handeln. Während eines typischen Zweijahreszyklus‘ einer Website, tut sich im Web so einiges. Neue Methoden und Features wollen auf ihre Praxisrelevanz für die eigenen Zwecke geprüft werden.

Die Analyse der allgemeinen Anforderungen selbst, lässt sich in unterschiedliche Abschnitte aufteilen.

  • Zielgruppe(n)
  • Nutzeranforderungen
  • Unternehmensanforderungen bzw. Strategie
  • Marktanforderungen
  • etc.

U.a. können Checklisten für die Projektplanung bei der Erfassung von Anforderungen behilflich sein. Diese Analyse liefert wiederum konkrete Detailanforderungen für die nachgelagerten Projektphasen.

Und schließlich gehört auch ein Schuss Inspiration dazu. Das macht nicht nur Spaß, sondern macht in gewisser Weise auch den Kopf frei. Zumindest, wenn man Inspiration richtig auffasst und nicht ins Abkupfern abrutsch und/oder eigene Ideen dadurch blockiert. Ein Beitrag dazu erschien mal beim Webstandard: Inspiration richtig verstehen

Zu Analyse und Inspiration habe ich einen weiterführenden Artikel veröffentlicht: Analyse und Inspiration im Webdesignkonzept

Informationsarchitektur

Die oben genannten Analysen liefern einiges an Futter für die Informationsarchitektur. Bei Informationsarchitektur geht es v.a. um das Organisieren und Auszeichnen.

Die Informationsarchitektur im Bezug auf eine Website hat wiederum viele Gesichter.

  • Navigationsstruktur (Methode z.B. Cardsorting)
  • Seitenstruktur (Methode z.B. Wireframing)
  • Kategorisierung und Verschlagwortung (Kategorien und Tags)
  • Lokalisierung (Regelungen die Sprach- und Länderversionen betreffen, bis hin zu kulturellen Unterschieden und verschiedenen Marktbedingungen)
  • etc.

Einen guten Einstieg in diese Thematik bietet die Website des Instituts für Informationsarchitektur.

Webdesign & Usability

Das Herzstück und zugleich der vielleicht interessanteste Teil der Arbeit. Die vorgelagerten Arbeiten aus Analyse, Inspiration und Informationsarchitektur, liefern die Anforderungen an das Webdesign und halten es zusammen.

Webdesign im engeren Sinne ist der kreativste Part am gesamten Prozess. Trotzdem sollte auch dieser Teil nicht ganz kopflos angegangen werden und umfasst verschiedene Teildisziplinen.

  • Gestaltung, Farbenlehre und Typografie
  • Screendesign
  • Prototyping
  • Webdesign Templates ((X)HTML, CSS, Javascript etc.)
  • Meist auch Systemplates für das CMS
  • etc.

Die Website Web Design+ enthält Best Practices und Links zu den Teildisziplinen im Webdesign.

Alle muss natürlich auf die Nutzer der Website abgestimmt sein und ihren grundlegenden Anforderungen an die Bedienbarkeit entsprechen. Usability (inkl. barrierefreie Umsetzung) wird oft unterschätzt. Es reicht nicht aus, Texte in ausreichender Schriftgröße und ausreichende Kontraste zur Verfügung zu stellen. Vieles, was Einfluss auf die Usability einer Website hat, wurde außerdem v.a. schon im Bereich der Informationsarchitektur vorbereitet (Stichworte Orientierung und Verständlichkeit der Inhalte).

  • Wahrnehmung, Lesbarkeit und Texten für’s Web
  • Navigationsstrukturen und -mechanismen
  • Interaktionsdesign
  • Expertenreviews und Nutzertests
  • etc.

Man hätte es vermuten können. An dieser Stelle verweise ich natürlich auf Jakob Nielsens Alertbox. Ein weiterer guter Ausgangspunkt ist der Artikel „100 Usability-Tips (Revision)“ von Jens Meiert.

SEO & Onlinemarketing

Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Onlinemarketing sollte man frühzeitig einbeziehen. Beginnt man damit etwa kurz vor oder erst nach dem Launch einer Website, ist es schon oft zu spät. Auch, wenn man später wieder was gutmachen kann. Es wird dann aber teurer und man verschenkt einen optimalen Start.

Die Vernetzung, Verlinkung und das Bewerben einer Website umfasst folgende Disziplinen:

  • Onsite Suchmaschinenoptimierung
  • Suchmaschinenmarketing (z.B. AdWords)
  • Bannerkampagnen
  • etc.

Vertiefen kan man seine Kenntnisse darüber u.a. in On-Site-Suchmaschinenoptimierung oder im Internet Marketing Handbook.

Qualitätssicherung

Die Qualitätssicherung erfolgt durch saubere Methodik und Arbeitsweise während des gesamten Prozesses. Sie bildet einen parallel verlaufenden Teilprozess. Bei großen Projekten empfiehlt es sich sogar, hierfür eine Person zu haben, die diesen steuert und überwacht. Tipps und Empfehlungen liefern u.a. diese Artikel und Übersichten:

Betrieb & Management

Diejenigen, die eine Website planen und realisieren, sind oft auch diejenigen, die später für deren Betrieb verantwortlich sind. Fliegt eine große Unternehmenswebsite erst mal, fängt die Arbeit so richtig an. Oft ist es nicht zu glauben, wieviel Arbeit im Betrieb einer Website steckt. In größeren Unternehmen bildet das Management der verschiedenen Websites einen Fulltimejob.

Ein Betriebskonzept umfasst dabei u.a.

  • Wartungszyklen und -verträge
  • Prozesse und Kommunikation im Team (ggf. auch raus zu Dienstleistern, die dabei behilflich sind)
  • Regelmäßige Qualitäts- und Erfolgskontrolle
  • Aufnahme und Verarbeitung von Feedback
  • Analysen und Konzepte zur Weiterentwicklung und Verbesserung in kleinen Schritten
  • etc.

Kommunikation

Man sollte sich auf Kommunikationsregeln einigen und einen guten Ton pflegen, auch wenn’s mal etwas stressiger ist. Aber auch die Kommunikation zu den Kunden ist wichtig. Dabei geht es nicht rein um die Aufnahme von Anforderungen und Aufträgen, oder die Lieferung von Zwischenergebnissen. Oft gehört es sogar dazu, den Kunden ein Stück weit Wissen und Verständnis zu vermitteln. Ein Beispiel dazu habe ich unter dem Titel „Informationsarchitektur vermitteln“ mal beschrieben.

Auch zum Thema Kommunikation finden sich immer wieder gute Artikel im Web. So z.B.

Fazit und Ausblick

Dieser Artikel konnte auf Grund des thematischen Umfangs nicht weiter ins Detail gehen. Die einzelnen Aspekte beinhalten wiederum Ansatzpunkte für einzelne Folgeartikel. Diese werden nach und nach geschrieben und erscheinen.

Unser Beruf hat mehr zu bieten bzw. fordert er mehr von uns, als die Arbeit mit Photoshop, XHTML, CSS und Javascript. Natürlich kann eine Person nicht alles abdecken. Aber man sollte sich seine Schwerpunkte nicht all zu eng setzen. Der Webdesignprozess ist vielseitig, vielfältig und vielschichtig.

Weitere Quellen zum Thema

Im deutschsprachigen Raum helfen außerdem die Beiträge der Webkrauts weiter und bieten viele sehr gute Denkanstöße für die tägliche Arbeit.

Zum Webdesignprozess als Ganzes, konnte ich keine weiteren deutschsprachigen Artikel auftreiben. Zumindest sind mir dazu keine aufgefallen. Ggf. habt Ihr noch Tipps dazu, über die sich die Leser dieses Artikels und ich freuen würden 😉